Veranstaltung
in Südtirol
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Noch zwei Gewinner
des 16. Bozner Open
01.08.2021 Ein Blick zurück
auf das Bozner Open. In diesem Beitrag lassen wir das B- und C-Open Revue
passieren und lassen den Sieger des A-Opens zu Wort kommen. FM Francesco
Seresin hat für uns die Partie aus der dritten Runde kommentiert.
Nachdem bereits der Sieg von
FM Seresin im A-Open eine faustdicke Überraschung war, so hatte mit dem
Sieger der B-Gruppe gewiss auch niemand gerechnet. Der kommt aus Brixen,
wurde kurz vor dem Turnierbeginn 16 Jahre alt und war „nur“ die Nummer 18
der Setzliste: Viktor Hulinskyy. In einem toten Rennen verwies er dank der
besseren Drittwertung David Sedlmayr aus Deutschland (Nummer eins der
Setzliste) und Emre Furkan Mercan (Nummer zwei) aus der Türkei auf die
weiternen Podestränge.
Hulinkyy blieb ungeschlagen,
siegte drei Mal und teilte zwei Mal den Punkt.
Auf den Rängen fünf bis acht
landeten mit Davide Casisa (Richter/Lask) und Alessandro Danti (Arci
Scacchi), Manuel Perathoner (Gröden) und Jakob Klotzner (CSK Merania)
gleich vier Südtiroler Spieler unter den besten Zehn.
Im C-Open ließ sich Jonas
Unterweger vom SC Richter/Lask zum Sieger feiern. Dabei zeigte er der
Konkurrenz klar und deutlich sein Können auf, indem er alle fünf Partien
für sich entschied.
Damit wiederholte er den
Vorjahreserfolg.
Die nächsten Plätze gingen an
Christoph Franceschini, Claudio Tomisich und Christian Unterweger.
Und zum Schluss dieses
Beitrags eine kommentierte Partie von Francesco Seresin. Er hat seine
Partie gegen Vitaly Gurvich unter die Lupe genommen und uns seine Analyse
zukommen lassen.
Francesco Seresin (2371) –
Vitaly Gurvich (2250)
Königsindisch E62
Kommentar nach Francesco
Seresin
Das ist die Partie der dritten
Runde des Bozner Opens 2021. Nachdem ich die ersten beiden Partien gewann,
traf ich erstmals in diesem Turnier auf einen Titelträger, gegen den
russischen FM Vitaly Gurvich, Jahrgang 2002. Da mir dessen Stärke bewusst
war, wählte ich eine ruhige und risikolose Eröffnung aus.
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sf3 Lg7 4.g3
0–0 5.Lg2 d6 6.Sc3 Lg4 Ein seltsamer Zug. Üblicher und gebräuchlicher sind 6...Sc6 oder
6...Sbd7.
7.h3 Nach 7.0–0 folgt 7...Dc8 mit
der Idee, den starken weißen Fianchettoläufer zu entfernen.
7...Lxf3 8.Lxf3 Sc6 9.0–0 Sd7 Ein weiterer, merkwürdig
anmutender Zug. Indem Schwarz den Springer zieht, macht er die Diagonale für
seinen Läufer frei und übt Druck auf den Punkt d4 aus.
10.e3
e5 Hier galt
es eine Entscheidung zu treffen: Auf e5 schlagen oder mit dem Bauern
vorrücken? Nach 11.dxe5 Sdxe5 12.Le2 Te8 hat Weiß Probleme mit der
Entwicklung des Lc1. Deshalb...
11.d5
Scb8 Schwarz
hat die Absicht, den Springer über a6 auf c5 zu positionieren. Besser wäre
11...Se7 gewesen.
12.e4
a5 13.Tb1 Jetzt
kann ich davon profittieren, dass der Nachziehende mit seinem Plan zu
langsam war. Mit dem blockierten Zentrum kann ich nun auf dem Damenflügel
aktiv werden.
13...Sa6 14.a3 Sb6 Angriff auf c4.
15.Le2 h5?! Der erste Fehler meines
Gegners. Durch das verfrühte Vorrücken des Bauern am Königsflügel wird es
für Schwarz nun viel schwieriger, den befreienden Vorstoß f7-f7
anzubringen, und so Druck auf das weiße Zentrum auszuüben. Ohne unter Druck
zu stehen, wird Weiß in seiner Absicht erleichtert, das Geschehen auf den
Damenflügel zu verlagern. Vorzuziehen war 15...Dd7 16.Kg2 a4 17.Le3 Sc5 und
die weißen Aktivitäten auf dem Damenflügel sind vorerst eingebremst.
16.b4
axb4 17.axb4 h4 Jetzt
ist der f5-Vorstoß für immer verhindert, und Weiß hat viel Zeit, auf dem
Damenflügel den Durchbruch vorzubereiten.
18.g4
De7 18...f5
19.gxf5 gxf5 20.exf5 Txf5 scheitert bereits an 21.Lg4. Weiß beherrscht
nicht nur die weißen Felder, der Nachziehende verliert an dieser Stellte
auch die Qualität.
19.Le3
Sd7 20.Dd2 Tfd8 Schwarz
bleibt nichts anderes mehr übrig als auf dem übrig gebliebenen Raum zu
manövrieren.
21.Tfc1
Lf8 22.Sa4 Die
weißen Figuren sind optimal platziert und alles ist bereit für den
Durchbruch c4-c5.
22...c5!? Genau diesen Durchbruch wollte
Schwarz verhindern. Im Nachhinein wird klar, dass einige schwache Felder
zurückbleiben, auch weil dem Nachziehenden der weißfeldrige Läufer
fehlt.
23.dxc6
bxc6 24.b5 cxb5 25.cxb5 Sac5 26.Sxc5 Sxc5 26...dxc5 wäre aus
positioneller Sicht noch schlechter gewesen.
27.Dd5! Die weiße Dame beginnt, die
ungedeckten weißen Felder zu beherrschen, und der Läufer bereitet sich
ebenfalls darauf vor, auf der Diagonale a2-g8 aktiv zu werden. Die Stellung
ist zu diesem Zeitpunkt bereits sehr vorteilhaft für Weiß. Jetzt heißt es
den richtigen Moment abzuwarten um auf c5 zu tauschen, dann den b-Bauern zu
nutzen, nachdem ein Spiel mit ungleichen Läufern entstanden ist.
27...Tdb8
28.Lc4 Kg7 29.Ta1 Ta7 30.Tcb1? Viel besser gewesen wäre 30.Txa7 Dxa7 31.Lxc5 dxc5 (oder
31...Dxc5 32.Dxf7+ Kh6 33.g5+ Kxg5 34.Kh1! gefolgt von Tg1+ und Weiß
gewinnt) 32.Dxe5+ mit überlegener Stellung.
30...Tab7 31.Kg2 Df6 Es ist der Moment gekommen,
den Springer abzutauschen und die Schwächen auf den weißen Feldern
auszunutzen.
32.Lxc5 dxc5 33.Ta6 De7 Falls
33...Dxa6 so 34.bxa6 Txb1 35.a7
34.Td1
Jetzt
kontrolliert Weiß auch die d-Linie.
34...Tc7 35.b6 Tcb7 36.Dc6 Kh6
37.Td3 Mit
der Idee, den Turm über das Feld f3 auch auf der f-Linie entscheidend in
Stellung zu bringen.
37...Kg5 38.Tf3 f6 39.Ld5 Nachdem sich die Dame aus dem
Zentrum fortbewegt hat, ist auf dem schönen Feld d5 Platz für den Läufer!
39...Lg7 40.Db5 Td7 41.Dc4 Droht 42.Dc1matt.
41...Kh6 42.Tfa3 Kh7 43.Tb3
Lf8 44.b7 Nun
wird auch noch der Bauer gefährlich.
44...Td6 45.Tbb6 Txb6 46.Txb6
Kg7 47.Da6 Die
Schwerfiguren sind vereint und beherrschen jetzt auch noch die sechste
Reihe.
47...Dd8 48.g5! Der Tropfen, der das Fass zu
überlaufen bringt! Mit dem passiven Turm auf b8 und der schwachen sechsten
Reihe ist die schwarze Stellung kaum noch zu halten.
48...Le7 48...fxg5 scheitert an
49.Txg6+ Kh8 50.Th6+ Lxh6 51.Dxh6matt.
49.gxf6+
Lxf6 50.Td6 De7 51.Dc6 1:0 Mit der Drohung 52.Td7 konfrontiert gab Schwarz die
hoffungslose Stellung auf. Mit diesem Sieg konnte ich mit den Großmeistern
Popov und Grachev gleichziehen.
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